Lexus auf der Mailand Design Week - Auf den Flügeln des Schmetterlings

Das Auto der Zukunft soll mit dem Menschen an Bord bald noch viel intensiver kommunizieren. Das Black Butterfly Panel ist mehr als ein hübsch geschwungenes Bildschirm-Ensemble – und könnte eines Tages sogar das zentrale Bedienelement des Autos ersetzen.

8Lexus auf der Mailand Design Week  - Auf den Flügeln des Schmetterlings
Das Konzeptfahrzeug LF-ZC steht im Zentrum des Messeauftritts von Lexus Foto: Lexus

Einerseits ist es für den Chef einer Autofirma nicht gerade leicht, sich auf künstlerisch wertvolle digitale Zukunftsvisionen zu konzentrieren, wenn gerade Donald Trump die Grundlagen seines Geschäfts zu atomisieren droht. Andererseits: Der Vorstandschef wird ja auf der weltgrößten Design-Messe in Mailand befragt – und außerdem ist Takashi Watanabe eben Japaner. Also bleibt der Manager trotz der existenziellen Bedrohung für die Hälfte seines weltweiten Umsatzes durch die Trump-Zölle äußerlich unbewegt.

„Lexus wird keine schnellen Anpassungen vornehmen“, sagt der Firmenchef mit stoischer Miene – trotz der Drohung von 25 Prozent Strafzoll auf alle US-Importe aus den japanischen und kanadischen Werken der Toyota-Tochter. Ein Exportstopp, wie ihn Jaguar und Land-Rover gerade verkündet haben, kommt für Watanabe nicht infrage. „Wir haben dort die meisten Kunden und wollen ihnen typische Lexus-Innovationen bieten“, sagt Watanabe entschieden. Gerade hier in Mailand gäbe es da ja viel Visionäres zu sehen.

Ob Donald Trump vom „Black Butterfly Panel“ und dessen Einfluss auf das Weltklima so bewegt wäre, dass er die dumme Idee mit den Monsterzöllen wieder fallen ließe? Es darf bezweifelt werden. Aber die Installationen internationaler Künstler auf Basis des Cockpit-Bediensystems im Lexus Konzeptfahrzeug LF-ZC ist für weniger hartherzige Betrachter durchaus beeindruckend: In einer dunklen Halle steht ein drei Meter hoher, zehn Meter breiter und vier Meter tiefer Bildschirm in Form eines schwarzen Schmetterlings, gefertigt aus 35 Kilometern Bambusfasern. Geht ein Betrachter daran vorbei, analysieren Sensoren dessen Herzschlag – und stellen den Takt aus dem Inneren auf der ganzen Bandbreite mit rhythmischen Farbreflexen dar. Herzbewegend.

Und keine reine Design-Spielerei, genauso wie drei andere Installationen: Die zeigen den Einfluss der eigenen Körpertemperatur auf die Erderwärmung, stellen eine virtuelle Verbindung in das Weltall her und lassen den persönlich geschaffenen digitalen Schmetterling über eine Videowand flattern. All das kann der Messebesucher mittels eines dreigeteilten geschwungenen Bildschirms von der Größe eines Skateboards bedienen. Dieses „black butterfly panel“ sollen Lexus-Kunden bald schon vor sich in den Zukunftsautos der Marke finden – und es beherrscht einige Tricks, die auf der Fahrt eine ganz neue Art des Dialogs mit dem Fahrer beginnen.

Die poetisch-künstlerische Analogie zum Ausflug in die Erdumlaufbahn soll schon darauf hindeuten, dass sich eben dort die Satelliten befinden, mit denen fast jeder Autofahrer längst Kontakt hat: über die Navigationsfunktionen im Auto. Lexus will diese Möglichkeiten aber noch ausweiten und vernetzten Fahrzeugen viel mehr personalisierte Informationen senden. Das eigene Betriebssystem Arena OS und darauf aufbauende Apps sollen die Lieblingsziele, geplante Orte oder Gewohnheiten der Lexus-Fahrer immer genauer kennenlernen – und auf die Bildschirme des Panels Inhalte dazu passgenau ausspielen. Und zwar auch dann, wenn dem Fahrer seine Wünsche noch gar nicht selbst ganz klar sind.  

So könnte das System etwa die bevorzugten Klimaeinstellungen des Fahrers kennen, wissen, wohin er fährt und wie sich auf dem Weg dorthin die Wetterlage entwickelt. Auf dieser Basis könnte sich dann von selbst die Klimaeinstellung im Lexus auf dem rechten Bildschirm aufblenden, wie von Geisterhand in das zentrale TFT vor dem Fahrer schweben und ihm die ideale Temperatur und Belüftung anbieten. Ein gesprochenes “Ja” zum Vorschlag aktiviert das ganz persönliche Wohlfühlklima.

„Ein Lexus soll ein fahrerorientiertes aktives Autoerlebnis bieten“, erklärt Watanabe den zentralen Gedanken dahinter. Anders als bei anderen Systemen soll der Blick nicht von der Fahrbahn auf einen Riesen-Monitor in der Mittelkonsole abgelenkt werden. Auch das Eintippen auf solchen Touchscreens oder Formulieren eines Sprachbefehls wollen die Lexus-Entwickler durch das selbstlernende System hinter dem „schwarzen Schmetterling“ weitgehend vermeiden.

Damit die drei Bildschirme immer schlauer und selbsttätiger agieren können, arbeitet das Lexus-Panel mit einem sogenannten „AI Butler“: Diese KI analysiert ständig die Fahrgewohnheiten, Stimmungen und Vorlieben des Fahrers – und bietet personalisierte Empfehlungen, wie Routen oder Fahrzeugmodi, basierend auf täglichen Mustern und der Stimmung des Fahrers. Wenn der möchte, kann er ähnlich wie in den Installationen auf der Design Week auch einfach einen Fingerzeig geben. Die unter dem Panel eingebaute Kamera erkennt zum Beispiel, wenn der Fahrer auf ein Bauwerk am Straßenrand deutet und fragt: „Was ist das für ein Palast?“ Dann gibt es die Antwort als Text über das Panel oder per Sprachausgabe.

Die Sensorik ist aber prinzipiell noch zu ganz anderen Leistungen im Stande: Das Messen der Körpertemperatur könnte etwa Stress erkennen und dementsprechend das Farbambiente an Bord anpassen. Umgebungslichtsensoren würden automatisch die Bildschirmdarstellungen und deren Helligkeit anpassen. Oder Infrarotsensoren könnten Gesichtsausdrücke und Stimmungen analysieren und den Fahrmodus, die Anzeigen im Head-up-Display oder das passende Musikprogramm darauf abstimmen. Wenn Datenschützer, Versicherer oder Gesetzgeber mitspielen, sind die Möglichkeiten vielfältig.

Im Lexus der Zukunft wird sich aber auch die heimische Waschmaschine selbsttätig auf dem Panel melden und fragen, ob die blütenreinen Blusen noch getrocknet werden sollen. Denn Arena OS wollen die Watanabes Entwickler auch als Betriebssystem über das Fahrzeug hinaus einsetzen und in anderen Bereichen etablieren. Das soll den Menschen und seine Maschinen noch weiter gehend vernetzen – „Aun no Kokyu“ heißt der Anspruch auf japanisch: Synchronität des Atmens.

Und wenn erst einmal die übernächsten Generationen der Fahrzeuge auf Wunsch alle Fahraufgaben übernehmen, könnte das geschwungene Display noch eine ganz neue Funktion bekommen: Schon jetzt ist im Lexus LF-ZC nur noch ein flugzeugähnliches halbrundes Steuer montiert, das vor dem Panel steht. Das Lenkrad könnte aber einmal ganz entfallen, denn der Black Butterfly hat schon jetzt zwei Griffe auf der Rückseite, mit denen sich lenken ließe. Fährt das Auto dann zwischenzeitlich ganz autonom, würde das komplette Panel ins Armaturenbrett zurückgleiten. Doch solche Funktionen sind wohl erst auf einer Design Week in der Zukunft zu sehen – und im Auto noch um einiges später. 

Der Artikel "Lexus auf der Mailand Design Week - Auf den Flügeln des Schmetterlings " wurde in der Rubrik LOGISTIK | LAGER & TRANSPORT mit dem Keywords "Lexus auf der Mailand Design Week " von "Peter Weißenberg/SP-X" am 10. April 2025 veröffentlicht.

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