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Das Wort 'Verkehrswende' klingt nach Weichenstellung und rascher Veränderung der Mobilität. Politiker der Ampel-Koalition verwenden den Begriff mit großer Selbstverständlichkeit. Doch wo bleiben die substanziellen Inhalte?
mid Groß-Gerau - Nur ein geringer Teil des deutschen Personenverkehrs entfällt auf die Schiene. Deutsche Bahn AG
Das Wort "Verkehrswende" klingt nach Weichenstellung und rascher Veränderung der Mobilität. Politiker der Ampel-Koalition verwenden den Begriff mit großer Selbstverständlichkeit. Doch wo bleiben die substanziellen Inhalte? Im Rahmen eines Parteien-Vergleichs des Motor-Informations-Dienstes (mid) kurz vor der deutschen Bundestagswahl 2021 lagen die heutigen Koalitionäre FDP und Grüne noch meilenweit auseinander. Grüne wollten den Schienenverkehr ausbauen, FDP den Autofahrer ungeschoren davonkommen lassen. Nun setzt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) auf die Schiene und will die Kapazität vervielfachen.
Hinter den vollmundigen Zielsetzungen stecken aber keine tragfähigen Konzepte. Jeder kann leicht in Erfahrung bringen, dass der Anteil des Schienenverkehrs am Personen- und Güterverkehr sehr gering ist. Also ist davon auszugehen, dass auch die Bundesregierung um die Schwierigkeit einer Verlagerung von der Straße auf die Schiene weiß. Allseits bekannt ist auch, dass der Ausbau des Schienennetzes viel Zeit und Geld in Anspruch nimmt. Da wird das Blatt nicht so schnell gewendet.
Weil das Schienennetz und die Zahl der Bahnhöfe, Eisenbahnbrücken und Schrankenanlagen nicht in kurzer Zeit vergrößert werden können, holen das Verkehrsministerium und andere Verkehrs-Propheten ein anderes Zauberwort aus dem Hut: "Taktung". Man müsse nur die Taktung verbessern, und schon sei die Kapazität des Schienenverkehrs erhöht. Problem: Mit der höheren Taktung erhöht sich auch der Verschleiß, vergrößern sich Wartungsaufwand, Ausfälle, Chaos.
Dem ungeachtet, wird das Erfolgsmodell Automobilität schlechtgeredet und der Autofahrer wie ein schwererziehbares Kind mit Strafmaßnahmen konfrontiert: Parkraumverknappung, CO2-Einpreisung, kurz: Verteuerung und künstliche Verschlechterung des Autofahrens zur relativen Steigerung der Attraktivität jener Alternativen, die vielerorts noch nicht einmal vorhanden sind.
Die von den einen beschworene, den anderen abgewunkene "Technologieoffenheit" birgt allerdings Chancen, nicht zu einer raschen Verkehrswende, aber zu einer Evolution des Verkehrs in Richtung Umweltfreundlichkeit und Klimaneutralität. Auch Technologieoffenheit kann nur eine von vielen Voraussetzungen sein für diese Entwickung. Der Politik steht nichts im Wege, die Alternativen zum Auto attraktiver zu gestalten und immer mehr Menschen zu Bus, Schiene und auf Fahrradwege zu locken.
Doch die so oft geforderten und teilweise schon umgesetzten Sanktionen gegen Autofahrerinnen und Autofahrer gehören zu den Maßnahmen, die vor allem den Mittelstand treffen, jene Sozialschicht, die zwar stark an der Entstehung des Wohlstands in Deutschland beteiligt ist, aber immer weniger davon profitiert.
Lars Wallerang / mid
Der Artikel "mid-Kommentar: Mogelpackung "Verkehrswende"" wurde in der Rubrik VERKEHR mit dem Keywords "Kommentar, Verkehr, Schienenverkehr, Autofahren, Transport" von "Lars Wallerang" am 12. Juli 2022 veröffentlicht.
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