Elektrobusse: Sechs Stromer im Vergleich

Über Elektromobilität redet heute fast jeder - ein E-Mobil kaufen jedoch wollen nur wenige. Aber im Gegensatz zum Geschäft mit Elektro-Pkw findet bei den städtischen Fuhrparks schon heute ein Umdenken statt. Omnibus-Flotten wie in Hamburg, Paris oder Madrid wollen ab 2020 keine Diesel-Busse mehr anschaffen. Von sich reden machen auch die Stadtwerke Bonn (SWB) mit einem Pilotprojekt. Seit Anfang 2016 verkehren sechs eigene Batteriebusse des Herstellers Sileo auf den städtischen Linien. Dieter Hanke vom Omnibusspiegel, der Organisator des E-Bus-Tests, hatte mit den SWB somit den idealen Testpartner für E-Busse mit an Bord.

So mancher Bonner Passant wundert sich dieser Tage: Was machen die flüsterleisen Omnibusse mit polnischen, niederländischen, französischen oder finnischen Kennzeichen in der Innenstadt? An den Haltestellen dann oft das gleiche Erlebnis: An den geöffneten Türen wird den wartenden Fahrgästen höflich aber bestimmt das Einsteigen verwehrt. Es sind ja nur Testfahrten, jeder Omnibus-Tester fährt jeden Bus auf dem gleichen Parcours - über gute Fahrbahnen oder enge Schlaglochstrecken, ansteigende oder abfallende Straßen. Neben den Fahrten wurde gewogen, statisch vermessen, die Geräuschkulisse analysiert. Und nicht zuletzt rollten die Testkandidaten auch in die Werkstatt, wo ein Kompetenzteam die Praktikabilität des Fahrzeugkonzepts prüfte.

Natürlich hatten Dieter Hanke und sein Team alle mehr oder minder bekannten Anbieter von Elektrobussen eingeladen. Nicht jeder wollte oder konnte, aber immerhin sechs Hersteller gaben in Bonn ihre Visitenkarte ab. Natürlich durften Solaris aus Polen und VDL aus den Niederlanden nicht fehlen. Den Vergleich scheuten auch weniger bekannte Anbieter nicht, dabei waren Ebusco (NL), Bolloré (F), Sileo (D) und Linkker (FIN).

Die großen Omnibus-Marken aus Deutschland haben bei den Stromern noch keine Eisen im Feuer, bei MAN und Mercedes-Benz wird man auf frühestens 2018 vertröstet. Auch der Anbieter Volvo wollte nicht so recht. Die schwedischen Volvo 7900 Electric sind auf ein engmaschiges Zwischenladungsnetz angewiesen, das in Bonn so nicht zur Verfügung steht.

"Wir wissen jetzt mehr", hört man von der internationalen Tester-Crew. Auch wenn die Fahrzeug-, Antriebs- und Batterie-Konzepte der Testkandidaten sehr verschieden ausfallen, brechen die Tester gleich an dieser Stelle eine Lanze für Elektro-Busse. In Zukunft führt an ihnen, wenigstens in der Stadt, kein Weg mehr vorbei - denn sie fahren flüsterleise und verursachen zumindest lokal keine Abgase mehr. Und weil, wie bei den Fahrzeugen von VDL und Solaris registriert, großer Komfort geboten wird, empfehlen die Tester zugunsten der Umwelt: "Besser heute als morgen umdenken und umrüsten". Auch wenn nicht verkannt werden darf, dass laut SWB der Betrieb von Elektro-Bussen gegenüber Diesel-Omnibussen einen um 30 Prozent größeren Aufwand bedeutet.

Weil die neuen Omnibusmarken Sileo, Bolloré, Ebusco und Linkker für viele Experten noch unbeschriebene Blätter waren, wurden ihre Fahrzeuge mit erhöhter Aufmerksamkeit begutachtet. Im Ergebnis wurde fast durchgängig solider Omnibusbau, gepaart mit vielen interessanten Details geboten. Diese Fahrzeuge sind von vornherein mit Elektroantrieb konzipiert, Kompromisse in der Raum- und Antriebsgestaltung werden hier nicht gemacht.

Fest steht nach diesen Erfahrungen, dass die etablierten Omnibus-Hersteller im Zeitalter der Elektromobilität mit einem erweiterten Wettbewerb rechnen müssen. Der Erfahrungsbericht der SWB bestätigt, dass die regulär im Linienbetrieb laufenden E-Busse des Herstellers Sileo die Erwartungen der SWB-Verantwortlichen voll erfüllen. "Derzeit arbeiten wir daran, die Zusammenarbeit zu intensivieren. Als einen der nächsten Schritte könnten wir uns vorstellen, als Vertragswerkstätte für Sileo zu arbeiten", erklärte SWB-Bus und Bahn-Geschäftsführer Heinz Jürgen Reining.

Wolfgang Tschakert

Der Artikel "Elektrobusse: Sechs Stromer im Vergleich" wurde in der Rubrik NFZ & FUHRPARK mit dem Keywords "Elektromobilität, Bus, Test" von "Wolfgang Tschakert" am 11. November 2016 veröffentlicht.