Sensoren für autonomes Fahren - Aus dem Spiegel wird ein Auge

Stufenweise rückt das autonome Fahren näher und damit die Zahl der Kameras, die an Bord das menschliche Auge entlasten werden. Zulieferer Magna entwickelt gerade ein System, bei dem in Zukunft Außenspiegel durch Linsen ersetzt werden.

Daran wird man sich in Zukunft gewöhnen: Hände weg vom Steuer, während das Auto selbstständig lenkt. Auch wenn der innere Fahrlehrer dagegen noch protestieren mag. Aber um autonom zu pilotieren, muss das Fahrzeug nicht nur selber intelligent agieren, es muss vorher auch die wechselnden Verkehrssituationen im Blick haben, damit es fehlerfreie Entscheidungen treffen kann. Ob nun teilautomatisiert, hochautomatisiert oder voll autonom, der Weg hin zum klugen Auto setzt sich aus den Bausteinen der modernen Fahrerassistenzsysteme zusammen.

Eine ganz wichtige Rolle spielen dabei die optischen Lösungen wie Kameras, Radar und Laser, die heute schon Spurhalte- und Kollisionswarner, Fußgänger- und Verkehrszeichenerkennung oder die adaptive Geschwindigkeitsregelung unterstützen. Der österreichisch-kanadische Zulieferer Magna entwickelt derzeit mit Partnern eine Einheit, welche künftig die Außenspiegel durch ein Kamerasystem ersetzen wird.

Man kennt das von den Visionen der Autohersteller auf den Messen: An Stelle der großen Außenspiegel tragen viele Konzepte inzwischen Öhrchen. "Mich erinnert das zwar immer an die Ärmchen des mächtigen Tyrannosaurus Rex, aber auch diese hatten eindeutig eine Funktion", schmunzelt Magna-Manager Chris VanDanElzen. Er sitzt am Steuer eines Cadillac ATS, der als Versuchsträger für das Kamerasystem dient. Dort, wo sonst die Außenspiegel wären, sind zwei nicht mal halb so große schwarze Kunststoffgehäuse montiert, in deren Mitte man jeweils die Linse - das elektronische Auge - sieht. Was sie erfassen, wird an zwei an den beiden äußeren Enden des Armaturenbretts befestigte Monitore geschickt. "Wir können den seitlichen Blickwinkel von 52 auf 110 Grad erhöhen - das ist mehr, als der Totwinkelwarner oder gar klassische Schulterblick nach hinten erlauben." Auf einem großen Monitor in der Mitte wird aufgezeichnet, was die anderen optischen Helfer wahrnehmen: in einem Prozess, der an einen Scanner erinnert, erfassen sie während dieser Demonstrationsfahrt mit kleinen grünen Vierecken Passanten am Straßenrand, überholende Autos, Verkehrsschilder und Kreuzungsampeln und übermitteln die Informationen an die Assistenzsysteme.

Selbstredend hat Chris seine Hände nicht am Steuer, während er die Entwicklung beschreibt. Troy liegt etwas außerhalb der Autostadt Detroit und beheimatet wie ein Hochtechnologie-Cluster die klangvollsten Namen der Zulieferindustrie, Continental, Bosch, Delphi, Brose und eben Magna. Dass dennoch der viele Schnee nicht ganz sauber über den äußeren Fahrbahnrand hinaus geräumt worden war, verwirrt das Zusammenspiel aus Optik und Software. Statt Grün schimmern die Bildelemente Blau. "Das System versucht gerade zu erkennen, was da los ist", erklärt Chris nicht ohne Stolz. Die Einheit ist Teil einer Weiterentwicklung des aktuellen kamerabasierten Fahrerassistenzpakets Eyeris des Zulieferers.

Noch wirkt der Blick in die Monitore der seitlichen Linsen statt in die Außenspiegel während dieser Fahrt im dichten Berufsverkehr irritierend. "Bis zur Serienreife werden sie noch wesentlich kleiner", verspricht der Entwickler. "Denkbar ist auch im Interesse der Sicherheit, dass wir diese Bilder in den Head-up-Display integrieren könnten.

Der Konzern hat sich für dieses Forschungsgebiet vor einiger Zeit mit dem israelischen Unternehmen Mobileye, dem Weltführer für Optik-basierte Fahrerassistenzsysteme zusammengetan. Dass Magna das Tempo forciert, hat einen Grund, denn mit der künftigen ISO-Norm 16505 werden Kameras mit entsprechender Software zunehmend Spiegel ersetzen. Für das S-Klasse Coupé von Mercedes-Benz hat Magna gerade bereits das eigens entwickelte 360-Grad-SurroundVue-System mit einer 1.1 Megapixel-Digitalkamera geliefert.

Weil aber auch günstigere Volumenmodelle der Autohersteller in den Genuss der neuen, noch sehr kostspieligen und komplexen Sicherheits-Technologien kommen sollten, hat Magna eine Kamera entwickelt, die einfach über dem Rückspiegel angebracht und deren Preis unter 100 Euro liegen wird. Versuchsträger war ein alter VW Passat. Das Gerät verfügt nur über eine Linse und übernimmt Aufgaben, die bislang zum Beispiel Radar und Laser erforderlich machten.

Der Artikel "Sensoren für autonomes Fahren - Aus dem Spiegel wird ein Auge" wurde in der Rubrik AKTUELLES mit dem Keywords "Sensoren für autonomes Fahren" von "Alexandra Felts/SP-X" am 23. Februar 2015 veröffentlicht.

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