Motor

Mehr MAN-Power aus sechs Zylindern

Auf der Landmaschinenmesse Agritechnica 2019 in Hannover haben wir ihn gesehen. Der neue D42 von MAN soll schwere Mähdrescher und Erntemaschinen antreiben. Aber die Phantasie der Transportexperten reicht für mehr, der Großkolben-Sechszylinder könnte auch schwere MAN-Trucks veredeln.


Auf der Landmaschinenmesse Agritechnica 2019 in Hannover haben wir ihn gesehen. Der neue D42 von MAN soll schwere Mähdrescher und Erntemaschinen antreiben. Aber die Phantasie der Transportexperten reicht für mehr, der Großkolben-Sechszylinder könnte auch schwere MAN-Trucks veredeln.

Es ist ja nicht das erste Mal, dass die Münchner ihre Dieselpremieren auf der Agritechnica feiern. Beispielsweise den Neunliter-D15 haben die Motorentechniker (aus Nürnberg) zuerst in Hannover gezeigt, bevor sie den halbstarken Reihensechser auch für Truck- und Omnibuseinsätze fit gemacht haben. Über den brandneuen D42 hätte man schon früher schreiben können. Der stand bereits auf der Bauma, wurde aber von den meisten Berichterstattern glatt übersehen.

Er heißt, typisch für MAN, D42 nach seinem Bohrungsmaß. Gewaltige 142 Millimeter Bohrung, so große Töpfe hat es bislang bei den Nürnberger Motoren (MAN Trucks) noch nie gegeben. Bei den Schiffsdieseln aus Augsburg natürlich schon, doch die spielen als langsamdrehende Selbstzünder ohnehin in einer anderen Liga. Der große Reihensechszylinder besitzt 170 Millimeter Hub, wie alle MAN-Motoren ist der 16,2 Liter große Diesel ein Langhuber, der seine Kraft aus den Tiefen des Drehzahlkellers holen kann. "Eine Weiterentwicklung auf Basis des D38", erklären die Techniker.

Der bisher größte und modernste MAN-Sechszylinder verfügt über 15,3 Liter Hubraum und generiert im Fahrzeugbetrieb bis zu 640 PS und 3.000 Newtonmeter. Und der Neue? So wie in Hannover gezeigt soll er für 581 Kilowatt oder 790 PS gut sein. Und für 3.400 Newtonmeter maximales Drehmoment, wobei das noch nicht das Ende der Fahnenstange sein muss. Damit spielt der große Reihensechser aber schon in der PS-Liga, die bislang nur Scania und Volvo vorbehalten ist.

Mit das Beste freilich ist sein geringes Gewicht: Der D4276 wiegt trocken nur 1.280 Kilo und gerade mal 50 Kilogramm mehr als der kleinere D38, wenn das mal keine Ansage ist. "Der große Sechszylinder bietet eine Leistungsdichte in der 16-Liter-Hubraumklasse, von der andere nur träumen können", sagen die Nürnberger - ob das die Scania-Kollegen gerne hören? Gute Argumente liefern auch die kompakten Einbaumaße: Der D42 überragt den schwächeren D38 kaum, sodass sich die hubraumstärkere Maschine ohne größere Anpassung in Fahrzeuge und Maschinen integrieren lässt.

Auch sonst erbt der D42 viele konstruktive Merkmale seines kleineren Bruders. Beispielsweise die Topdown-Kühlung, bei der das Kühlwasser über den oberen Wassermantel des Zylinderkopfs über die Länge des Motors verteilt wird und dadurch eine gleichmäßig hohe Kühlleistung über alle Zylinder gewährleistet. Aufgrund der Gleichteile mit dem D38 kann sich der Kunde auf erprobte und ausgereifte Produkte aus der Großserie freuen. Wie beispielsweise die sogenannten Wölbventile, die dank einer brennraumseitigen Verstärkung der Ventilteller (in Form einer Wölbung) den Sitzverschleiß minimieren und dadurch verlängerte Intervalle für die Ventilspiel-Prüfung ermöglichen. Und hierzu haben die Nürnberger Techniker ihren Kochtopf ein wenig gelüftet. Ab 2021 soll es einen neuen wartungsfreien Ventiltrieb mit hydraulischem Ausgleich geben. Damit entfallen aufwändige Wartungskosten, neben dem neuen D42 profitieren auch die D38-, D26- und D15-Motoren.

Natürlich sorgt auch beim neuen D42 eine Common-Rail-Einspritzung für die Befeuerung. Wie beim D38 ist es eine Hochdruckanlage von Bosch, die mit bis zu 2.500 bar Einspritzdruck für bis zu 40 Prozent mehr Fördermenge sorgt. In der Einstiegsvariante mit 515 kW/700 PS reicht ein großer, einstufiger Turbolader für die Beatmung, für mehr Luft und Leistung wird ein VTG-Lader bemüht.

Ob MAN mit dem Großkolbenmotor (2,7 Liter Hubraum pro Zylinder) den Leistungswettlauf bei den Trucks weiter befeuert, wissen wir natürlich nicht. Wie die Gerüchteküche berichtet, soll die neue Lkw-Generation des Hauses MAN auch einen standesgemäßen Topmotor bekommen. Mit dann mehr als 640 PS und nur 3.000 Newtonmeter Drehmoment, das Argument limitierter Eingangsleistungen der Getriebe gilt wegen der verfügbaren Konzerngetriebe nicht mehr. "Alles pure Spekulation", winken unsere Gesprächspartner ab, die neuen D4276-Reihensechser zielen auf Großmähdrescher oder Feldhäcksler, oder auf Baumaschinen wie Asphaltfräsen, Großbagger oder Kranfahrzeuge. Vorerst und für heute, wir bleiben hier weiter am Ball.

Wolfgang Tschakert / mid

Technische Daten:
Reihensechszylinder, flüssigkeitsgekühlt; einteiliger Zylinderkopf, obenliegende Nockenwelle, vier Ventile pro Zylinder. CR-Hochdruckeinspritzung mit max. 2.500 bar; AGR, Abgasnachbehandlung mit SCR + DPF
- Hubraum: 16.200 ccm
- Bohrung/Hub: 142/170 mm
- Nennleistung: 581 kW/790 PS
- Max. Drehmoment: 3.400 Nm
- Länge / Breite / Höhe: 1.464 / 978 / 1.131 mm
- Gewicht trocken: 1.280 kg

Der Artikel "Mehr MAN-Power aus sechs Zylindern" wurde in der Rubrik NFZ & FUHRPARK mit dem Keywords "Motor, Neuheit, Lkw, Entwicklung" von "Wolfgang Tschakert" am 20. Dezember 2019 veröffentlicht.

Weitere Meldungen

Anzeige

Videos