HUK-Coburg: Telematik kann auch zu ökologischerem Fahren führen

Die Chancen von Big Data in einer digital vernetzten Gesellschaft sind derzeit Thema vielfältiger öffentlicher Diskussionen. Die bislang von den Kfz-Versicherern traditionell erhobenen Daten - zu Fahrzeugtyp, Wohnort, Fahrleistung und ähnliches - reichen zwar im Prinzip für eine vernünftige Tarifierung aus, meint Dr. Jörg Rheinländer, Vorstand der HUK-Coburg. Dabei bleibe aber die individuelle Risikobewertung auf der Strecke. Die Telematik hingegen eröffne die Möglichkeit, gutes, sprich defensives, vorausschauendes und sicheres Fahren zu belohnen, betont er.

Ein solches positives Feedback kann nach seiner Einschätzung - und der vieler anderer Experten - einen positiven Anreiz darstellen, um Kfz-Versicherungskunden zu einem besseren Fahren zu bewegen, wie es der Versicherungsvorstand formuliert. Die HUK verfolge dabei den Ansatz, nicht zu bestrafen, sondern bessere Fahrer zu belohnen, betont er.

Und die Versicherer können mit mehr Daten noch mehr bieten als nur entsprechende Rabatte für Besserfahrer. Dr. Rheinländer nennt etwa Anreize für ökologisches Fahren. Auch hier könne Telematik ihren Beitrag leisten. Wenn zum Beispiel ein Autofahrer ständig beschleunigt, abbremst, wieder Gas gibt und gleich wieder auf die Bremse steigt, dann sei bei einem solchen Fahrverhalten der CO2-Ausstoß zwangsläufig höher als bei einem ausgeglichenen Fahrstil, verdeutlicht der HUK-Vorstand. Dem ließe sich mit positiven Anreizen ebenfalls entgegenwirken. So biete Telematik einen zusätzlichen Nutzen über die Unfallsicherheit hinaus.

Doch diese Intention sieht der Vorstand bislang durch ein falsches Verständnis beim Datenschutz ausgebremst. Bei 80 000 Telematikkunden habe die HUK-Coburg lediglich weniger als eine Handvoll Anfragen zum Datenschutz bekommen. Das legt seiner Einschätzung nach nahe, dass Datenschutz nicht das Massenthema ist. Zudem gebe der Kunde seine Daten auch nur preis, wenn diese zu seinem Nutzen verwendet würden, betont er. Diese Voraussetzung sieht er bei der Telematik eindeutig gegeben.

Derzeit fühlen sich laut Rheinländer jedoch nicht nur die Versicherer hierzulande durch strenge regulatorische Vorgaben in der Entwicklung neuer Angebote wie auch Mobilitätsmodelle massiv eingeschränkt. Auch andere deutsche wie europäische Player im Mobilitätssegment klagten über eine deutliche Schlechterstellung im Wettbewerb mit Unternehmen aus Übersee, speziell gegenüber großen Datenunternehmen aus den USA und China. Jene könnten nämlich erheblich freier Geschäftsmodelle entwickeln und diese, wenn sie reif sind, auch nach Europa bringen. Wenn sich der Nutzen dieser Angebote dann herauskristallisiert, fehlten den deutschen und europäischen Unternehmen sowohl die Voraussetzungen als auch die Kenntnisse, um da mithalten zu können, stellt Rheinländer warnend fest. Das könne für die Europäer vielfach das Aus in diesem Wettbewerb bedeuten.

Speziell die in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vorgeschriebenen Aspekte der Datensparsamkeit und der Zweckbindung von Daten stellen demnach eine deutliche Einschränkung dar, die deutsche Unternehmen bei der Entwicklung neuer Mobilitätsmodelle und -angebote behindern, meint der HUK-Coburg-Vorstand. Das bedeute nicht nur Nachteile im Wettbewerb, sondern auch ein Ausbremsen von Fortschritt. Konkret mit den Vorschlägen der Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) zu Telematiktarifen in der Versicherungswirtschaft wird aus seiner Sicht verhindert, dass deutsche bzw. europäische Unternehmen mit Unternehmen aus dem Rest der Welt wettbewerbsfähig bleiben.

Die Projektgruppe, die von der VSMK beauftragt wurde, die Entwicklung von Telematiktarifen zu beobachten und zu bewerten, erkenne zwar an, dass Telematikprogramme einen Anreiz zu verantwortungsvollem, sichereren Autofahren oder zu gesundheitsbewusstem Verhalten (Bewegung, Ernährung, Vorsorge, Vermeidung von Risikofaktoren) setzen, so der HUK-Vorstand. Nach seiner Ansicht wird in dem Bericht jedoch ein falsches Bild von Telematik entworfen. Denn moderne Autos generieren per se Daten, über welche die Fahrzeughersteller verfügen, argumentiert Dr. Rheinländer.

Ähnliche Daten nutzten auch die Versicherer für ihre Telematiktarife. Diesen in dem aktuell noch sehr frühen Entwicklungsstadium gleich mit der ,,regulatorischen Keule" zu kommen, bezeichnet der HUK-Vorstand in einem Interview (GoslarTV-Video: https://vimeo.com/347520915) vorsichtig als ,,schwierig". Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass Big Data für den Kunden konkreten Nutzen bieten kann: indem sich dadurch Schäden, also Unfälle und dabei insbesondere auch die Zahl der Verkehrstoten, reduzieren ließen.

Mit positiven Anreizen - wie Telematiktarifen - könne man das Fahrverhalten der großen Mehrheit der Autofahrer verbessern, so dass sich die Zahl solcher Gefahrensituationen spürbar senken lasse, ist der HUK-Vorstand überzeugt. Darin sieht er im versicherungsnahen Bereich einen sehr großen Nutzen für die Verbraucher. Über die gesamte Mobilitätskette gedacht habe Big Data das Potenzial, Angebote zu verbessern, Abläufe reibungsloser und die gesamte Mobilität sicherer, schneller und sogar ökologischer zu machen. (ampnet/jri)

Der Artikel "HUK-Coburg: Telematik kann auch zu ökologischerem Fahren führen" wurde in der Rubrik VERKEHR mit dem Keywords "Telematik, Dr. Jörg Rheinländer, HUK-Coburg" von "ampnet" am 18. September 2019 veröffentlicht.

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