Neuheit

Schon gefahren: Der neue MAN-Stadtbus Lion's City

Die Neuauflage des Lion''s City konnte man bereits in einigen Städten sehen. Der sachlich-kantige Stadtbus aus München geht mit neuer Motorisierung und smartem Hybridantrieb ins Rennen. Der Motor-Informations-Dienst (mid) durfte schon mal Hand anlegen.

Die Neuauflage des Lion's City konnte man bereits in einigen Städten sehen. Der sachlich-kantige Stadtbus aus München geht mit neuer Motorisierung und smartem Hybridantrieb ins Rennen. Der Motor-Informations-Dienst (mid) durfte schon mal Hand anlegen.

Selbst MAN-affine Fuhrparks hatten zuletzt gedrängt. Es wurde auch höchste Zeit, das bisherige Modell abzulösen. Denn das Grundkonzept des Niederflurbusses aus München hat mehr als 20 Jahre auf dem Buckel. Die Entwickler und die Verkäufer des Konzerns möchten jetzt auch nicht mehr zurückschauen, sondern nur noch nach vorn. Denn der Neue soll alles besser können, auch wenn die versprochene Elektrovariante noch warten muss.

Von außen tritt der neue MAN eigenständig auf. Nicht übermütig dynamisch, eher sachlich mit klaren Kanten und bar jeglicher Schnörkel. Ein Langzeit-Design eben, das wieder etliche Jahre Bestand haben muss. Und die verbauten Komponenten sind natürlich state of the art - wie die LED-Scheinwerfer, die segmentierten Seitenwände mit geklebten Kunststoff-Flächen. Die eng geschnittenen Radläufe signalisieren eine enge Taille, die gibt es nur optisch. Aber die Fensterflächen sind opulent für die gute Rundumsicht der Fahrgäste.

Auch mit seinen Grundmaßen zieht der MAN nach, endlich misst er 2,55 m in der Breite, das ergibt auf 12 Meter Länge jetzt einen halben Quadratmeter mehr Innenfläche. Vom Start weg geht der Lion's City auch als 18-Meter-Gelenkzug ins Rennen. Der verkürzte Radstand signalisiert sofort, dass es künftig wieder eine 18,75-Meter-Variante geben soll. Eine wichtige und von den Verkehrsbetrieben geforderte Neuerung steckt unter dem Vorderwagen: Die neue Vorderachse, ZF-Einzelradaufhängungen an Doppelquerlenkern, soll die Fahreigenschaften und den Fahrkomfort spürbar verbessern. Mit der neuen Fahrzeug-Generation erhöht MAN die Vorderachslasten auf acht Tonnen, damit sind die Lion's Cities bereits für die schweren Dachlasten der künftigen Elektrobusse gerüstet.

Richtig neu ist der Lion's City auch im Heck. Ein neuer, schlanker Neunliter-Diesel hält Einzug, es gibt auch nur diesen. Und er steht generell links hinten im Motorturm; eine liegende Maschine wie früher gibt es nicht mehr. Die neuen Motoren arbeiten nach dem topaktuellen "SCR-only"-Prinzip. Darunter versteht man die konsequente Abgasnachbehandlung mit SCR-Katalysator unter Verzicht auf eine Abgasrückführung. Der neue Motor soll bis zu 16 Prozent weniger Kraftstoff verbrennen und rund 150 Kilogramm weniger wiegen.

Aber bei den Motorleistung bleibt alles wie gehabt: Die neuen Stadtbusse werden mit 280, 330 und 360 PS angeboten. Aber damit haben die Münchner ihr Pulver noch nicht verschossen. Der konventionelle Dieselantrieb lässt sich mit einem Hybridmodul aufrüsten. Dahinter steckt ein Kurbelwellen-Startergenerator, und die Elektromaschine in der Getriebeglocke wird mit einem 48-Volt-Netz betrieben. Die rekuperierte Energie wird von einem Ultracap-Modul auf dem Dach gespeichert und stellt damit die elektrische Bordnetzversorgung sicher. Der Clou ist die Start-Stopp-Funktion an Haltestellen und Ampeln. Sie spart Kraftstoff, Abgas- und Lärmemissionen, sagt jedenfalls der Hersteller - das wollen wir mal sehen.

Zur Verfügung steht der blaue Gelenkzug, er gehört der Münchner MVG. Mit vier Türen und 360 PS. Das neue Cockpit verlangt ein paar Minuten Einarbeitung. Es stammt von MAN, der Mittelteil des Armaturenträgers mit den Instrumenten folgt der Einstellung der Lenksäule. Alle Schalter und Bedienelemente sind intuitiv erlernbar - schade, dass es keine elektrische Feststellbremse gibt. Der Blick in die Spiegel verspricht gute Übersicht, es gibt genug Platz für lange Beine - dann mal los in Stellung D, das Getriebe wird mit einem Drehschalter bedient. Der im Vergleich zum Wettbewerb längere Nachläufer zieht in engen Kurven weiter nach innen, der hintere Überhang schwenkt weniger aus. Und nach zwei bis drei Kurvenradien klappt es schon gut, der lange "City" lässt sich sauber lenken, er fährt sehr stabil geradeaus.

Was auch gleich auffällt: Die buckligen Stadtstraßen von Nürnberg werden omnibusfein genommen. Ein Verdienst der neuen, semivariablen Stoßdämpfer, die bei Leerfahrten nicht bockelhart reagieren. Der lange MAN nickt kaum und taucht bei starken Bremsvorgängen nicht mehr tief ein. Das Fahrwerk überzeugt, beim Antrieb gibt es noch Luft nach oben. Der neue Sechszylinder darf wohl nicht so, wie er vielleicht könnte. Beim Anfahren fehlt ihm jeglicher Biss, auch beim Durchzug zeigt er sich von der milden Sorte. Die ZF-Automatik serviert die Gänge zwar ruckfrei, aber von Dynamik kann der Fahrer nur träumen. Auch bei der Geräuschdämmung am Motorturm im Heck gibt es noch zu tun. Der neue D15-Diesel pflegt eine raue Aussprache, beim Beschleunigen wird es hinten laut. Rundum positive Noten gibt es für das Hybridmodul. An Haltestellen stoppt der Motor, die Türen öffnen und schließen elektrisch. Praktisch ohne zusätzlichen Energieverbrauch, sie werden mit dem Strom des Bremsvorgangs versorgt. Beim Anfahren boostet der E-Motor mit, der Diesel wird damit entlastet.

Unser Eindruck: Mit dem neuen Stadtbus stellt MAN die Weichen in die Zukunft. Der Lion's City ist ein konventionelles Fahrzeugkonzept, wie es die Kunden erwarten. Aber eine Neuentwicklung mit schickem Langzeit-Design, moderner Technik und zahlreichen feinen Details. Der passend dimensionierte Dieselmotor bleibt die versprochene Performance noch schuldig, auch bei der Feinabstimmung wird noch nicht das letzte Wort gesprochen sein. Es gibt noch einiges zu tun, bis der "City" so richtig ins Rollen kommt. Es soll schon bald einen neuen Erdgasmotor geben, und der neue Elektrobus wird auch nicht mehr lang auf sich warten lassen.

Wolfgang Tschakert / mid

Der Artikel "Schon gefahren: Der neue MAN-Stadtbus Lion's City" wurde in der Rubrik NFZ & FUHRPARK mit dem Keywords "Bus, Neuheit, Fahrbericht, ÖPNV, Nutzfahrzeuge, Umwelt" von "Michael Tschakert" am 5. April 2018 veröffentlicht.

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