Mercedes Metris - US-Vito ohne Diesel

Mercedes geht mit dem bekannten, gerade erst komplett renovierten Vito in die Offensive. Der deutsche Praktiker wird ab sofort unter dem Namen Metris als bis zu achtsitziger Kombi oder Lieferwagen erstmals auch in den USA verkauft. Der 5,14 Meter lange Raumriese gilt dort als ,,mittelgroßer Van'' und trifft nur auf wenige heimische Rivalen. Interessant ist er zudem für Schnäppchenjäger.

Während der große Mercedes Sprinter immer mehr Freunde findet, ist für die Amerikaner der in Europa allgegenwärtige Vito ein weitgehend unbeschriebenes Blatt, fand er doch bisher noch nie seinen Weg über den Atlantik. Trotzdem erregte die erste Tour im Metris auf den wie immer überfüllten Straßen rund um Los Angeles keinerlei Aufsehen. Ein ganz normaler Van eben, wie die eckigen Vielzweckautos genannt werden. Da sich die meisten der autobegeisterten Amerikaner  zwar für klobige Pick-Up mit offener Landefläche, nicht wirklich aber für klassische Nutzfahrzeuge europäischer Prägung interessieren, ändert daran auch der Mercedes-Stern nichts, der in Übergröße auf dem Kühler des Metris klebt. ,,Wir  müssen noch viel Aufklärungsarbeit leisten", räumt Claus-Christoph Tritt ein. Der US-Chef der hauseigenen Van-Abteilung rechnet mit vielen neuen Kunden, die ,,auf der Suche nach einem großen, praktischen Familienauto oder einem geräumigen Lieferwagen noch nie an einen Mercedes gedacht haben".

Wir Europäer fühlen uns im Vito=Metris auf Anhieb zu Hause. Das üppige Platzangebot, das  zwar in Teilen nüchterne, doch stets gut verarbeitete Innendekor, die hohe Sitzposition, das überraschend kleine, aus der C-Klasse stammende Lenkrad oder die beiden elektrischen Schiebetüren. Fehlanzeige jedoch beim dieseltypischen Schnurren. Während Mercedes in Deutschland für den Vito und auch die feinere Variante V-Klasse ausschließlich  Dieselmotoren bietet, vertraut das US-Pendant nur auf einen Benziner: Der Zweiliter-Vierzylinder ist aus anderen Modellen mit dem Stern, wie dem C 250 bekannt, schickt 153 kW/208 PS an die Hinterräder und hat mit dem Metris ein leichtes Spiel. Die gute Durchzugskraft von 350 Nm dank Turbohilfe erlaubt den Wechsel vom gemächlich entspannten Gleiten auf einer der vielen Autobahnspuren hin zum spontanen Überholsprint. Als Schnittverbrauch steht ein Wert von umgerechnet 10,7 Litern auf 100 Kilometer im Datenblatt. Die Höchstgeschwindigkeit wird nicht genannt. Das Kratzen an der Tempo-200-Grenze dürfte auf deutschen Autobahnen kein Problem sein.

Das Erlebnis, in einem Benzin-Vito unterwegs zu sein, ist durchaus verlockend, bleibt europäischen Nutzern aber vorenthalten. Vielleicht einer der Gründe, den Namensvetter ganz privat nach Deutschland zurückzuholen. Denn in den USA kostet er nach derzeitigem Kurs knapp 28.000 Euro. In diesem Preis sind die Siebengang-Automatik mit Schaltpaddeln am Lenkrad, der verlängerte Radstand und einiges mehr schon eingebaut. Ähnlich viel kostet in Deutschland der Vito 111 (1,6 Liter Diesel, 84 kW/114 PS) mit Sechsgang-Schaltgetriebe. Extra bezahlt werden müssen hier wie dort einige der üblichen Extras wie Navigationssystem, Rückfahrkamera, Lederausstattung und ähnliches. Der eher vergleichbare, weil deutlich stärkere Vito 119 mit 2,1-Liter-Dieselmotor (140 kW/190 PS) steht zu Hause ohne Extras mit 43.570 Euro in der Preisliste. Die Rechenschieberei führt zu verlockenden Ergebnissen. Trotz der Mehrkosten für Gebühren, Zoll und Schiffstransport.

Apropos Zoll: Beim Kastenwagen, der gut die Hälfte aller Metris-Verkäufe ausmachen wird, hat der in Spanien gebaute Mercedes schon einiges hinter sich, eher er an einen US-Kunden ausgeliefert werden kann. Das fertige Auto wird in zerlegt - in die Karosserie und in alle Komponenten, die zum Fortbewegen gebraucht werden (z.B. Motor, Getriebe, Fahrwerk). Das wird getrennt in die USA verschifft und dort wieder zusammengebaut. Für fertige Autos in der leichten Nutzfahrzeugklasse hält nämlich der Zoll die Hand auf. Kommt ein Modell stückchenweise ins Land entfällt diese Gebühr in Höhe von gut 25 Prozent des Wertes ebenso wie für Autos, die Menschen transportieren. Das gilt seit 1963 und ist die amerikanische Antwort auf die europäische ,,Hühnchen-Steuer", die auf US-Geflügel erhoben wurde. Der Amtsschimmel wiehert nun schon mehr als 50 Jahre...

Der Artikel "Mercedes Metris - US-Vito ohne Diesel" wurde in der Rubrik NFZ & FUHRPARK mit dem Keywords "Mercedes Metris" von "Peter Maahn/SP-X" am 21. Oktober 2015 veröffentlicht.

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